Von Gonder geht es mit 11 anderen Leuten nach Debark, dem Eintrittspunkt in den Nationalpark. Keiner scheint zu wissen, mit welchem Anbieter wir unterwegs sind. Die arbeiten alle zusammen und schieben sich gegenseitig die Buchungen zu, so dass jeder eine vollgepackte Gruppe pro Tag zusammenbekommt.
Im Nationalparkoffice steigen drei Scouts zu, jeder bewaffnet mit AK47 oder Jagdgewehr. Ob die Waffen wirklich funktionieren, darf stark bezweifelt werden, aber sie werden rund um die Uhr getragen und selbst nachts nicht abgelegt. Es gehört zu den Parkregeln, dass die Scouts bewaffnet sein müssen. Warum, weiß so genau keiner. Sie selber vermuten wegen wilder Tiere.
Die Fahrt zum Start der Wanderung führt bereits an Affen und Wahnsinnsaussichten vorbei. Dann wird losgewandert, eine sehr überschaubare Strecke von 8km zum ersten Camp in der Nacht. Die Zelte sind bereits aufgebaut, in der Hütte bereiten die Köche das erste Abendessen vor und wir wärmen uns erstmal mit heißem Tee. Wer hätte gedacht, dass das Wetter ziemlich wechselhaft ist und man immer mal wieder durch Regen marschiert. Das Camp liegt auf einer Höhe von 3100m und ohne Sonne wird es schon ganz schön kalt.
Der zweite Tag bleibt vom Laufpensum überschaubar, ca. 13km, obwohl die Scouts behaupten, dass es 17 sein sollen. Wir treffen das erste Mal auf Geladas, die in den Simiens endemischen Rotbrustpaviane. Doch entgegen aller Begegnungen mit Affen zuvor, interessieren sich diese Paviane kein bisschen für uns. Sie sind reine Vegetarier und fressen bevorzugt Graswurzeln. Wenn man ihnen zu Nahe kommt, drehen sich sich einfach um und gehen ein paar Meter weiter. Eigentlich wollte ich abends im Camp nur auf den einen Hügel für den Sonnenuntergang schauen, dahinter wartete jedoch eine Affenherde von mehreren Hundert Geladas. Zuvor bekamen wir noch einen der seltenen äthiopischen Wölfe zu Gesicht, allerdings in so sicherer Entfernung, dass die Kamera keine Chance hatte ihn scharf abzulichten.
Der nächste Tag führte zum letzten Camp auf 3600m Höhe. Dies war mit 16km die längste Etappe und die mit den spektakulärsten Ausblicken. Teilweise reißen die Felsen senkrecht ab und führen angeblich 1900m in die Tiefe. Die Scouts jagten uns die Berge ziemlich schnell hinauf (bis auf 4070m). Später wurde uns klar warum, 3km vor dem Ziel fing es an wie irre zu regnen und hageln. Schutz suchend unter einer Felsklippe warteten wir frierend auf Besserung. Ziemlich durchnässt im Camp wurde gleich ein Feuer in einer der Hütten gemacht. Diese Hütten haben ein Dach aus Wellblech und sind sonst ziemlich durchlässig. Aber einen Rauchabzug gab es leider nicht, so dass man vor der Wahl stand, sich im ziemlich verräucherten inneren aufzuwärmen oder draußen den Arsch abzufrieren.
Dank zweier Brasilianer, die den Weitertransport nach Axum bereits gebucht hatten, hatte ich die Chance günstig und direkt am nächsten Morgen nach Axum weiterzukommen. Eigentlich sollte uns das Auto um 8:30 abholen, in die Nähe des Gipfels des Ras Bwahit (4430m) bringen, den wir noch besteigen konnten. Als das Auto um 9:00 nicht da war, beschlossen ein anderer Deutscher, der ebenfalls nach Axum wollte, dass wir einfach mit der normalen Gruppe mitgehen und uns ggf. vom Jeep einholen lassen. Natürlich kam das Auto nicht vor 11 und wir hetzten den kompletten Weg hinauf. Die Luft wird ab 4000m doch schon ziemlich dünn und schwer keuchend erreichten wir den Gipfel. Kaum oben, wurden wir nach unten zur Abfahrt nach Axum zitiert. Die Brasilianer waren ziemlich enttäuscht, dass sie auf das Auto warteten und selber nicht mehr auf den Gipfel kamen.
Die Straße von Debark nach Axum ist mit Sicherheit eine der spektakulärsten Panoramastraßen der Welt. Zunächst führt sie über Schotterpiste komplett um den Simien Nationalpark herum und bietet über Stunden atemberaubende Ausblicke und Steilhänge, die direkt neben der Straße abfallen.